Führe ein virtuelles Brainstorming durch

Im letzten Artikel ging es um die Planung eines virtuellen Workshops (link). Im heutigen Teil erfährst du wie das geplante Brainstorming abläuft, welche Vorbereitung es benötigt und natürlich wieder jede Menge Erfahrungen. Dazu werden wir dir anhand eins Fallbeispiel aufzeigen, wie Brainstorming im Detail abläuft. Starten wir zunächst mit der Theorie.

Was ist Brainstorming eigentlich?

Brainstorming ist eine Kreativmethode, mit der du möglichst viele Ansichten und Ideen zu einem ausgewählten Thema bekommen kannst. Dabei kannst du zwei Phasen unterscheiden: die Durchführung und die Auswertung. Beide Phasen unterscheiden sich grundlegend, sowohl in der Herangehensweise als auch in den zu verwendenden Werkzeugen.

Phase 1 – die Ideensammlung

Wie der Name schon sagt, sammelt ihr in dieser Phase möglichst viele Ideen. Versucht dabei alles, was euch zu dem Thema einfällt, zu notieren. Jede Idee ist wichtig, alles wird notiert und es wird nichts bewertet. So einfach diese Regeln klingen, so schwierig ist es manchmal diese umzusetzen. Wenn du zum Beispiel mit Freunden alle Ideen für eine kleine Feier sammeln möchtest und jemand schlägt eine Feuershow vor, dann notiere diese Idee, auch wenn in deinem Kopf eine Feuershow nichts mit einer kleinen Feier zu tun hat. Das Konzept hinter dieser großen Ideensammlung ist, dass du und andere Teilnehmer durch die notierten Ideen inspiriert werden könnt. Auch wenn die Feuershow ggf. übertrieben ist (was keiner der Teilnehmer in dieser Phase aussprechen sollte!) vergisst nun sicher keiner mehr, sich ein alternatives Unterhaltungsprogramm zu überlegen.

Aussagen und Ideen anderer Teilnehmer nicht negativ zu kommentieren kann schwierig sein aber jedem in der Gruppe muss klar gemacht werden, sich in diesem Punkt zurückzuhalten. Als Leiter des Brainstormings musst du eingreifen, wenn sich jemand negativ äußert und ihn sofort auf die vereinbarten Regeln hinweisen. Um solche Situationen zu verringern kann es hilfreich, dass du als Leiter dich bei den Teilnehmern bedankst, die eine erstmal abwegige Idee nennen. Dafür braucht es Mut und das kannst du als Leiter durchaus honorieren. Wenn du zu beginn die Regeln erklärst, kannst du auch darauf hinweisen.

Werkzeuge für Phase 1

Für die Durchführung ist es wichtig, dass alle gesammelten Informationen allen Teilnehmern visuell zur Verfügung stehen. D.h. du musst alle Ideen so notieren, dass jeder sie sieht. Meistens ist es so, dass sich beim Aufschreiben der Ideen bereits Gruppierungen ergeben. Nehmen wir noch einmal die erwähnte Partyvorbereitung. Ideen dafür könnten sein Essen zu besorgen, z.B. Salat, Brot, Käse diese können zur Gruppe Essen zusammengefasst werden. Zusammen mit Getränken gehört das z.B. zur Gruppe Verpflegung. Um die Ideen aufzuschreiben bietet sich daher ein MindMap an. Hier mal ein Beispiel für die erwähnte Feier:

Mindmap Beispiel
Mindmap Beispiel

Wenn der Workshop virtuell stattfindet suche dir vorab ein für dich passendes Programm und mache dich damit vertraut. Viele freie Mindmap Programme findest du z.B. über unsere Suche (link). Teile während des Brainstormings deinen Bildschirm und schreibe fleißig mit.

Erfahrungen zur Phase 1

Es kann während des Brainstormings hoch hergehen und das ist auch gut so. Versuche den kreativen Prozess nicht zu bremsen, indem du dir lange überlegst, ob du neue Gruppen bilden kannst. Wichtig ist, alles schnell zu notieren. Umsortieren kannst du in ruhigeren Phasen.

Wenn es nicht so recht in Gang kommt, dann ist es gut dir vorher ein paar absurde Vorschläge zu überlegen und diese selbst einzuwerfen. Wenn du vom Thema selbst keine Ahnung hast, wird dir das keiner Krumm nehmen. Wenn du selbst Experte auf dem Thema bist, warum kommen dann keine guten Vorschläge von dir? Das ist durchaus erlaubt. Wie die Ideen auf das Blatt kommen ist erstmal egal.

Manchmal sind die Gruppen sehr heterogen. Es gibt introvertierte und extrovertierte Teilnehmer. Wenn du das Brainstorming leitest ist es deine Aufgabe, alle zu integrieren. Frage introvertierte Teilnehmer direkt nach ihren Ideen. Sie haben meistens welche und oft auch gute. Dadurch kannst du auch Teilnehmer, die das Gespräch dominieren, bremsen. Am Ende soll nicht die Idee von einem auf dem Blatt stehen, sondern die Ideen von allen.

Phase 2 – die Auswertung

Ihr habt jetzt viele Ideen gesammelt. Macht erstmal eine kurze Verschnaufpause. Jetzt geht es darum die Ideen zu bewerten. Versucht dabei objektiv vorzugehen. Die Verschnaufpause soll dazu dienen etwas Abstand zu gewinnen. Hast du eine Lieblingsidee? Findest du eine andere ganz besonders schlecht? Macht dich frei davon und vergesse am besten, von wem welche Idee kam. Um Ideen objektiv zu bewerten hilft euch die Frage, ob sich die Idee im Rahmen eurer Möglichkeiten umsetzen lässt und ob die Idee eine effektive und effiziente Antwort auf euer Thema ist (du kennst den Unterschied nicht? Hier erfährst du mehr! link ). Als Beispiel noch einmal die Feier. Ist euer Ziel, dass die Besucher Spaß haben, es eine kurzweilige Feier wird und ihr trotzdem nicht viel Geld ausgeben müsst, ist die Feuershow vielleicht nicht die beste Idee. Ist es dafür eine Firmenfeier z.B. für eine Versicherung, kann eine Feuershow mit einem inszenierten „Missgeschick“ durchaus ein gelungener Effekt sein. Ihr müsst in der Gruppe eure Ideen also an eueren Zielen spiegeln. Bewertet dabei jede Idee. Ihr werdet sehen, dass sich manche einfach streichen lassen und bei anderen werdet ihr viel diskutieren. Bei denen, wo ihr euch nicht schnell einig werdet, hilft euch vielleicht die Entscheidungsmatrix. Das ist eine Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Ideen die zielführendste auszusuchen. Dafür notiert ihr die Ideen untereinander. Neben die Ideen schreibt ihr Kriterien, die für euer Ziel wichtig sind. Im ersten Schritt bewertet ihr die Kriterien im Hinblick auf euer Ziel. Wie wichtig ist das Kriterium für die Zielerfüllung? Verwendet dabei Zahlen von 2 bis 10 in Schritten von 2. Dabei steht 2 für wenig relevant und 10 für sehr relevant. Jetzt bewertet ihr jede Idee anhand der Kriterien (um euch selbst nicht zu beeinflussen, könnt ihr die Bewertung der Kriterien abdecken). Kann die Idee das Kriterium gut erfüllen bekommt es 5 Punkte, erfüllt es das Kriterium ausreichend dann sind es 3 Punkte und erfüllt die Idee das Kriterium nur schlecht oder gar nicht, bekommt es einen Punkt. Jetzt multipliziert ihr die Bewertung des Kriteriums mit der Bewertung der Idee und summiert je Idee über alle Kriterien auf. Je höher die Punktezahl, desto besser eignet sich die Idee.

Entscheidungsmatrix Beispiel
Entscheidungsmatrix Beispiel

An dem Beispiel wird ein Problem sichtbar. Aufwand und Kosten sind negativ konnotiert, Spaß positiv. Eine hohe Bewertung der Idee bei Spaß bedeutet also auch, die Idee macht mehr Spaß. Eine hohe Bewertung bei Kosten oder Aufwand bedeutet dagegen die Idee hat geringe Kosten bzw. wenig Aufwand. Das führt oft zu Verwirrung der Teilnehmer und zu wenig zielführenden Diskussionen. Um das Problem zu umgehen kann man alle Kriterien positiv beschreiben z.B. Kosteneffizient anstelle von Kosten und Aufwandsarm anstelle von Aufwand.

Das praktische Beispiel

Der Workshop beginnt

Mia hat im letzten Artikel die Einladung versendet und heute steht nun der Workshop an. Alle haben sich pünktlich im virtuellen Besprechungszimmer eingefunden. Bevor sie sich allerdings auf das Brainstorming stürzen, begrüßt Mia ihre Freunde und stellt noch einmal die Agenda vor (siehe einen virtuellen Workshop planen). Nachdem keiner etwas einzuwenden oder zu ergänzen hat, fangen sie mit der Vorstellungsrunde an. Darauf folgt das Festlegen von Spielregeln für den Workshop. Da sie nur zu dritt sind sehen sie davon ab, sich vor dem sprechen zu melden, was bei größeren Gruppen sinnvoll sein kann. Sie finden es aber wichtig, den anderen aussprechen zu lassen und aktiv zuzuhören. Dazu gehört auch, sich nicht ablenken zu lassen und so verständigen sie sich darauf das Mobiltelefon nicht neben sich zu haben. Auch das Mail und Chatprogramm am Computer bleibt aus. Mia spricht noch einmal ihre Ziele für den Workshop an. Für sie ist vor allem wichtig ein gemeinsames Verständnis von dem Funktionsumfang des Videochats zu bekommen und auch alle Ideen ihrer Freunde mit aufzunehmen und zu bewerten. Für Peter ist der Spaß an der Sache und dem Workshop wichtig und er findet, den sollte man nicht aus den Augen verlieren. Zudem möchte er nach dem Workshop wissen, womit er anfangen soll zu arbeiten. Zou stimmt allem gesagten zu und ergänzt, dass für sie wichtig ist etwas Neues zu lernen. Schauen wir mal, ob alle ihre Ziele erreichen.

Das Brainstorming

Als Mittel, um möglichst viele Ideen für Funktionen des zukünftigen Videochats zu sammeln, hat sich Mia für ein Brainstorming entschieden. Damit sie alle das gleiche Verständnis haben, erklärt sie noch einmal das Vorgehen. Explizit weist sie auf die Verhaltensregeln in Phase 1 hin und bittet keine Ideen negativ zu bewerten. Und dann geht es los. Peter hat sich schon daheim viele Ideen notiert und aus ihm sprudelt es regelrecht heraus. Mia notiert so schnell sie kann die Punkte in einem MindMap. Zou ist etwas zurückhaltender, sie ist nicht so technisch versiert wie Peter und Mia. Aber Mia findet genau das interessant und fragt Zou direkt, was ihr an einem Videochat besonders wichtig ist? Da wäre z.B. eine Aufnahmefunktion, so könnte sie danach sich wichtige Stellen noch einmal ansehen. Peter schlägt auch vor, dass man nicht alles selbst machen muss, sondern sich aus vorhanden Open-Source Lösungen bedient. Mia interveniert: „Es geht um Funktionen, nicht um Lösungen!“. Damit hat sie zwar recht, aber auch das war eine Bewertung. Die Idee ist erstmal gut und sollte mit aufgenommen werden. Zou weist Mia darauf hin und Mia entschuldigt sich bei Peter und schreibt die Idee mit auf. Nach etwa 15 Minuten haben sie ein riesiges MindMap erstellt und machen eine kurze Pause.

Die Auswertung

Sie bearbeiten die Ideen direkt im MindMap. Dafür verwendet Mia verschiedene Farben, um die guten Ideen zu markieren und die weniger zielführenden zu streichen. Auch markieren sie die Ideen, die keine Funktionen sind, aber dennoch hilfreich. Bei ein paar der Ideen für Funktionen sind sie sich unsicher. Diese notieren sie in eine Entscheidungsmatrix. Als Kriterien für die Bewertung der Ideen fallen ihnen folgende Punkte ein: Aufwand, Anwendernutzen und Wissen für die Umsetzung. Den Anwendernutzen wollen sie am wichtigsten Bewerten und vergeben 10 Punkte. Da sie aber auch in der Zeit fertig werden wollen, vergeben sie für Aufwand (oder besser Aufwandsarm) 8 Punkte und da sie sich fehlendes Wissen gerne auch aneignen, vergeben sie dafür nur 4 Punkte. Jede Idee wird hinsichtlich ihrer Kriterien bewertet und die besten 3 wollen sie mit aufnehmen.

Den Funktionsumfang haben Mia, Peter und Zou jetzt festgelegt. Der Workshop ist damit aber nicht zu Ende. Im nächsten Schritt möchten sie ihre Ideen konkretisieren und werden eine Abwandlung des Eventsstormings durchführen. Wie das abläuft und was dabei herauskommt erfährst du im nächsten Artikel.

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